Zusammengefasst von Anja Schirwinski
Seit meine Hündin Frida mit fünf Monaten aus einem rumänischen Shelter zu mir kam, beschäftige ich mich intensiv mit Hundethemen - von Alltagstraining bis Verhaltensbesonderheiten. Viele der Fragen, die in Podcasts besprochen werden, kenne ich aus unserer gemeinsamen Erfahrung nur zu gut. Deshalb fasse ich hier die für mich interessantesten Podcastfolgen zusammen und ergänze sie mit meinen eigenen Erlebnissen mit Frida.
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In dieser Jubiläums-Episode des Podcasts „Tierisch Menschlich“ blicken Hundeprofi Martin Rütter und Wissenschaftsjournalistin Katharina Adick auf eine beeindruckende Wegstrecke zurück: das 30-jährige Bestehen der Martin-Rütter-Trainingsphilosophie. Anlässlich dieses Meilensteins sind langjährige Weggefährt:innen zu Gast: sein ältester Freund Alex, die erfahrenen Trainerinnen Nicole und Andrea, die von den Anfängen an dabei waren, sowie Nelly, die als junge Trainerin die nächste Generation repräsentiert.
Die Episode zeichnet die Entwicklung von den improvisierten Anfängen im Kölner Stadtwald bis zum heutigen professionellen Ausbildungsnetzwerk nach. Sie beleuchtet nicht nur die Erfolge, sondern auch die schweren Krisen und unternehmerischen Herausforderungen. Im Kern geht es um die Frage, wie sich das Hundetraining in Deutschland in den letzten drei Jahrzehnten verändert hat und welche Prinzipien die Martin-Rütter-Philosophie heute ausmachen. Diese Retrospektive ist besonders relevant für (angehende) Hundetrainer:innen, langjährige Fans und alle, die sich für die moderne Mensch-Hund-Beziehung interessieren.
Das Wichtigste auf einen Blick
- Ursprung in der Verhaltensbeobachtung: Martin Rütters Ansatz entstand aus der Abkehr vom damals üblichen, rein auf Dressur und Disziplin basierenden Hundetraining. Seine Beobachtungen, wie menschliches Verhalten das von Tieren beeinflusst (inspiriert durch seine „Tante Thea“), bildeten die Grundlage für eine verhaltensbiologisch orientierte Methode.
- Der Mensch steht im Fokus: Ein zentraler Leitsatz ist, dass primär der Mensch trainiert wird, nicht der Hund. Nur wenn Halter:innen die Ursachen für das Verhalten ihres Hundes verstehen, können sie Trainingsanweisungen nachhaltig im Alltag umsetzen.
- Die Philosophie ist dynamisch: Die Trainingsmethoden sind nicht in Stein gemeißelt. Martin betont, dass sich das Wissen stetig weiterentwickelt. Frühere Techniken, wie die „Rappeldose“, werden heute kritisch gesehen und durch bessere Ansätze ersetzt, wenn die Erfahrung zeigt, dass sie unerwünschte Nebenwirkungen haben können.
- Die Ausbildung ist praxisorientiert: Im Gegensatz zu vielen rein theoretischen Ausbildungen legt die Akademie großen Wert auf einen hohen Praxisanteil (ca. 50 %). Wie Trainerin Nelly beschreibt, arbeiten die Studierenden von Anfang an mit echten Mensch-Hund-Teams, um auf den realen Berufsalltag optimal vorbereitet zu sein.
- Der Weg war von Krisen geprägt: Der Aufbau des Netzwerks war keine reine Erfolgsgeschichte. In den Anfangsjahren kämpfte Rütter mit massiven finanziellen Schwierigkeiten bis hin zur drohenden Insolvenz, was auch das Vertrauen seines Teams auf eine harte Probe stellte.
- Empathie für Menschen ist entscheidend: Die wichtigste Voraussetzung für angehende Trainer:innen im Netzwerk ist nicht nur die Liebe zu Hunden, sondern vor allem ein großes Herz und Verständnis für Menschen. Bewerber:innen, die den Beruf aus einer generellen Menschenfeindlichkeit heraus ergreifen wollen, haben keine Chance.
Die Anfänge: Von Tante Thea zur ersten Hundeschule
Martin schildert, dass seine Faszination für das Zusammenspiel von Mensch und Tier in seiner Kindheit begann. Prägend war seine Tante Thea, die das Talent besaß, jedes noch so freundliche Tier innerhalb weniger Wochen durch ihr übergriffiges Verhalten zu einem „Verrückten“ zu machen. Diese Erfahrung ließ ihn früh erkennen, dass das Verhalten des Menschen einen direkten Einfluss auf Tiere hat. Als er sich entschied, selbst einen Hund zu halten, bereitete er sich intensiv durch das Studium englischer und französischer Fachliteratur vor, da es in Deutschland in den frühen 1990er-Jahren kaum Ratgeber abseits der Jagd- oder Schutzhundeausbildung gab.
Sein erster eigener Hund, Mina, war im Kölner Stadtwald so gut erzogen, dass andere Hundehalter:innen auf ihn aufmerksam wurden. Alex, sein Freund aus Kindertagen, erinnert sich, wie Martin zunächst älteren Damen beim Spazierengehen half. Aus diesen ersten Gassi-Diensten entwickelte sich schnell eine professionelle Nachfrage. Die Eigendynamik wurde Martin bewusst, als er wegen der vielen Termine nicht mehr an Studentenpartys teilnehmen konnte. 1995 meldete er offiziell seine Hundeschule an.
Wachstum und Teamaufbau: Die ersten Weggefährt:innen
Mit steigender Nachfrage, insbesondere durch die WDR-Fernsehsendung „Eine Couch für alle Fälle“ im Jahr 2003, wuchs das Geschäft rasant. Andrea, heute Leiterin der Ausbildung, kam als Praktikantin dazu. Martin erkannte ihr Potenzial durch ihre Ehrlichkeit und strukturierte Denkweise als Architektin. Nicole, die Martin im Fernsehen sah, bewarb sich ebenfalls für ein Praktikum und wurde schnell Teil des Teams. Martin beschreibt, dass seine damaligen Einstellungskriterien primär auf Bauchgefühl und der Fähigkeit der Bewerber:innen basierten, Empathie für Menschen zu zeigen.
Die Ausbildung war in den frühen Jahren noch unstrukturiert und glich einem „Training on the job“. Nicole berichtet von ihrer ersten Stunde, in der Martin sie gezielt überforderte, indem er sie mit den Kunden allein ließ. Dies war Teil seines Konzepts, um die Trainer:innen schnell ins kalte Wasser zu werfen und ihnen zu vertrauen, dass sie die Situation intuitiv und mit dem gelernten Wissen meistern würden. Aus wirtschaftlichen Gründen musste Martin sich selbst aus den Einzelstunden zurückziehen, um durch Vorträge und Seminare das nötige Kapital für den Aufbau eines deutschlandweiten Netzwerks zu erwirtschaften.
Krisenjahre: Zwischen Insolvenzangst und unerschütterlichem Glauben
Trotz hoher Umsätze durchlebte das junge Unternehmen eine schwere finanzielle Krise. Martin erklärt, dass er als Unternehmer völlig unerfahren war und falschen Beratern vertraute. Die Kosten für den Aufbau des Netzwerks, die Entwicklung von Lehrmaterialien und Infrastruktur liefen aus dem Ruder. Es gab Phasen, in denen er die Gehälter seiner Mitarbeiter:innen nicht pünktlich zahlen konnte, was das Vertrauen im Team stark belastete. Andrea und Nicole beschreiben diese Zeit als von Existenzängsten geprägt.
Martin selbst berichtet von dem Moment, als sein Steuerberater ihm die drohende Insolvenz mitteilte. Seine Reaktion war pragmatisch: Er erkundigte sich nach dem „Worst-Case-Szenario“ (eine mögliche Bewährungsstrafe) und entschied sich, weiterzumachen, da er fest an seine Vision glaubte. Sein Freund Alex half in dieser Zeit sogar mit privaten Mitteln aus, um Gehälter zu sichern. Diese Phase der extremen Anspannung und des unkonventionellen „Guerilla-Marketings“, wie dem nächtlichen Kleben von Flyern, schweißte das Kernteam letztlich zusammen.
Die moderne Ausbildung: Professionalisierung und Praxisnähe
Nelly, als Vertreterin der neuen Trainergeneration, schildert die heutige Ausbildung als hochgradig professionalisiert und strukturiert. Sie hatte sich bewusst für die Martin-Rütter-Akademie entschieden, weil diese im Gegensatz zu vielen anderen Anbietern einen Praxisanteil von rund 50 % bietet. Das Studium erstreckt sich über drei Semester und ist dual aufgebaut: Theoretische Inhalte wie Lernverhalten oder Verhaltensbiologie werden direkt in der Praxis mit echten Kund:innen und deren Hunden erprobt.
Andrea erläutert, dass die Studierenden eine „große Werkzeugkiste“ an Methoden erhalten und lernen, situativ das passende Werkzeug auszuwählen. Regelmäßige theoretische und praktische Zwischenprüfungen dienen nicht der Selektion, sondern der Überprüfung des Lernerfolgs und der Vermittlungsqualität. Dieser Fokus auf Praxisnähe und die intensive Betreuung durch Dozent:innen stellen sicher, dass die Absolvent:innen bestens auf die Herausforderungen der Selbstständigkeit vorbereitet sind – ein großer Unterschied zu den Anfängen.
Evolution der Trainingsphilosophie: Ein System im Wandel
Die Trainingsphilosophie ist bewusst flexibel gehalten, um neuen Erkenntnissen Rechnung zu tragen. Martin nennt ein prägnantes Beispiel: Früher setzte er bei Hunden, die Essen von der Arbeitsplatte klauten, eine „Rappeldose“ ein. Diese fiel herunter, wenn der Hund auf die Platte sprang, und erschreckte ihn. Obwohl die Methode effektiv war, stellte er fest, dass etwa die Hälfte der so trainierten Hunde anschließend eine Trennungsangst entwickelte. Sie hatten den Schreck nicht mit dem Diebstahl, sondern mit dem Alleinsein verknüpft. Diese Erkenntnis führte dazu, dass er die Methode heute nicht mehr anwendet.
Diese Bereitschaft zur Selbstreflexion und Veränderung ist ein Kernprinzip. Das Ausbildungshandbuch existiert bewusst als digitale, jederzeit anpassbare Version (früher eine „lose Ringblattsammlung“), um neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Praxiserfahrungen aus dem Netzwerk zu integrieren. Der offene Diskurs, der schon bei den wöchentlichen „Team-Frühstücks“ in den Anfangsjahren gepflegt wurde, wird bis heute als entscheidend für die Qualitätssicherung angesehen.
Praktische Schritte: So wirst du Martin-Rütter-Trainer:in
Für Interessierte, die eine Ausbildung in der Martin-Rütter-Akademie anstreben, gibt es einen klaren Bewerbungsprozess:
- Verfügbarkeit prüfen: Zunächst solltest du auf der offiziellen Website prüfen, in welchen Regionen noch Standorte frei sind und vergeben werden.
- Schriftliche Bewerbung: Sende eine aussagekräftige Bewerbung mit Lebenslauf und einem Motivationsschreiben ein. Darin sollte deutlich werden, warum du diesen Beruf ergreifen möchtest und warum du eine Leidenschaft für die Arbeit mit Menschen hast.
- Einladung zum Informationstag: Nach einer Vorauswahl werden geeignete Kandidat:innen zu einem Informationstag eingeladen. Diese finden mehrmals im Jahr statt.
- Umfassende Information: Der Informationstag dient dazu, ein realistisches Bild der Ausbildung, der anschließenden Selbstständigkeit und der Erwartungen zu vermitteln. Es ist keine Werbeveranstaltung, sondern eine ehrliche Bestandsaufnahme.
- Studienstart: Der offizielle Studienstart für neue Jahrgänge ist einmal jährlich im Mai.
Diese Zusammenfassung wurde mit Hilfe von KI aus dem Transkript der Podcast-Episode generiert.