Zusammengefasst von Anja Schirwinski
Seit meine Hündin Frida mit fünf Monaten aus einem rumänischen Shelter zu mir kam, beschäftige ich mich intensiv mit Hundethemen - von Alltagstraining bis Verhaltensbesonderheiten. Viele der Fragen, die in Podcasts besprochen werden, kenne ich aus unserer gemeinsamen Erfahrung nur zu gut. Deshalb fasse ich hier die für mich interessantesten Podcastfolgen zusammen und ergänze sie mit meinen eigenen Erlebnissen mit Frida.
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In dieser Episode des Podcasts napfcheck spricht die Fachtierärztin für Tierernährung, Dr. Julia Fritz, mit der Fachjournalistin Manuela Bauer über eines der zentralsten Gesundheitsthemen bei Haustieren: den Darm. Die Episode beleuchtet die Funktionsweise des Verdauungstrakts und gibt auf Basis zahlreicher Hörerfragen praxisnahe Antworten auf häufige Probleme wie Durchfall, Verstopfung, Blähungen und die Interpretation der Kotbeschaffenheit.
Die zentralen Fragen der Folge sind: Was ist eine normale Verdauung und welche Abweichungen sind unbedenklich? Wie können Fütterungsfehler als Ursache für Verdauungsprobleme identifiziert und behoben werden? Diese Episode ist eine unverzichtbare Ressource für alle Tierhalter:innen, die die Darmgesundheit ihres Hundes oder ihrer Katze besser verstehen und aktiv unterstützen möchten.
Das Wichtigste auf einen Blick
- Wechselnde Kotkonsistenz ist oft normal: Dr. Fritz erklärt, dass es typisch ist, wenn der Kot morgens fest ist und im Laufe des Tages weicher wird. Dies liegt an der kürzeren Verweildauer im Dickdarm, wodurch weniger Wasser rückresorbiert werden kann.
- „Der Darm mag Langeweile“: Dieser Leitsatz von Dr. Fritz bedeutet, dass eine konsistente und stabile Fütterung für empfindliche Tiere entscheidend ist. Ständige Wechsel von Proteinquellen, Leckerlis und Futterzusammensetzungen können den Darm überfordern.
- Kohlenhydrate müssen gekocht sein: Rohe Stärke, wie in ungekochten Nudeln oder nicht ausreichend gegartem Reis, ist für Hunde und Katzen unverdaulich. Sie führt zu massiver Gärung im Dickdarm und kann laut Dr. Fritz zu „explosivem“ Durchfall führen.
- Fasern sind die „Superfoods“ des Darms: Ballaststoffe (Fasern) wie Zellulose, Pektine oder Flohsamenschalen sind entscheidend für die Darmgesundheit. Sie binden Wasser, regulieren die Kotkonsistenz und dienen als Nahrung (Präbiotika) für nützliche Darmbakterien.
- Vorsicht bei frei verkäuflichen Darmtests: Dr. Fritz rät von den meisten im Internet angebotenen Mikrobiom-Tests ab, da ihnen oft die wissenschaftliche Grundlage und validierte Referenzwerte fehlen. Sinnvolle Diagnostik, wie ein Dysbiose-Index, sollte über den Tierarzt erfolgen.
- Eine „Darmsanierung“ braucht Zeit: Die Unterstützung des Mikrobioms nach Antibiotika-Gaben oder bei chronischen Problemen erfordert Geduld. Dr. Fritz empfiehlt eine Stabilisierungsphase von mindestens vier Wochen, idealerweise aber drei Monaten, in der die Fütterung konsequent beibehalten wird.
Die Grundlagen der Verdauung: Dünndarm vs. Dickdarm
Dr. Julia Fritz beginnt mit einer grundlegenden Erklärung des Verdauungsprozesses. Nachdem die Nahrung den Magen passiert hat, gelangt sie in den Dünndarm. Hier findet die eigentliche Nährstoffaufnahme statt: körpereigene Enzyme aus der Bauchspeicheldrüse spalten Fette, Proteine und Kohlenhydrate auf, sodass sie über die Darmschleimhaut resorbiert werden können. Die Verweildauer im Dünndarm ist mit wenigen Stunden relativ kurz.
Anschließend gelangt der Nahrungsbrei in den Dickdarm. Dr. Fritz beschreibt diesen als Hauptsitz des Mikrobioms. Hier findet die mikrobielle Verdauung statt, bei der Bakterien unverdauliche Nahrungsreste, insbesondere Ballaststoffe, fermentieren. Eine zentrale Aufgabe des Dickdarms ist die Rückresorption von Wasser und Elektrolyten, was die Kotkonsistenz entscheidend formt. Die Passagezeit im Dickdarm ist mit bis zu 18 Stunden deutlich länger. Dieser gesamte Prozess von der Aufnahme bis zur Ausscheidung dauert laut Dr. Fritz etwa 24 bis 48 Stunden.
Analyse des Kots: Was Konsistenz und Geruch verraten (und was nicht)
Viele Tierhalter:innen beurteilen die Darmgesundheit und Futterqualität anhand der Kotkonsistenz. Dr. Fritz warnt jedoch davor, dies als alleiniges Kriterium heranzuziehen. Die Beschaffenheit des Kots sei ein Resultat aus der Fütterung und den individuellen Eigenschaften des Tieres, einschließlich Stress.
Ein klassisches Phänomen, das eine Hörerin beschreibt, ist die Veränderung der Kotkonsistenz über den Tag: Morgens ist der Haufen fest, abends weich. Dr. Fritz erklärt dies mit der längeren Verweildauer des Kots im Dickdarm über Nacht. Der Darm hat mehr Zeit, Wasser zu entziehen, was zu einer festeren Konsistenz führt. Tagsüber sind die Abstände zwischen den Gassi-Gängen kürzer, sodass der Kot weicher bleibt. Dies sei völlig normal und kein Anzeichen für eine Krankheit. Bei Bedarf könne man mit wasserbindenden Fasern (z.B. Zellulose oder Flohsamenschalen) gegensteuern.
Das Prinzip der „Langeweile“: Warum ein stabiler Darm Routine liebt
Der wiederkehrende Ratschlag von Dr. Fritz lautet: „Der Darm mag Langeweile.“ Damit meint sie, dass viele Tiere, insbesondere solche mit empfindlicher Verdauung, von einer sehr konstanten Fütterung profitieren. Ständige Wechsel zwischen verschiedenen Proteinquellen, Futterarten, Kauartikeln und Leckerlis können den Verdauungstrakt und das Mikrobiom überfordern, was zu schwankender Kotkonsistenz und Blähungen führen kann.
Eine Hörerin berichtet von einem „Kotfeuerwerk“, nachdem ihre drei mit BARF ernährten Hunde eine Tüte rohe Nudeln gefressen hatten. Dr. Fritz klärt auf, dass die Ursache hier nicht die plötzliche Gabe von Getreide war, sondern die Tatsache, dass die Nudeln roh waren. Rohe Stärke kann nicht verdaut werden und führt im Dickdarm zu starker Gärung und Durchfall. Dies unterstreicht die Wichtigkeit, Kohlenhydrate für Hunde und Katzen immer gut durchzugaren.
Eine langsame Gewöhnung an neue Futterkomponenten, wie Kohlenhydrate, ist laut Dr. Fritz sinnvoll, da sich die Bakterienflora im Darm erst an das neue „Futterangebot“ anpassen muss.
Diagnostik und „Darmsanierung“: Sinnvolle Maßnahmen und unseriöse Tests
Dr. Fritz äußert starke Bedenken gegenüber vielen im Internet verfügbaren Mikrobiom-Tests für Tierhalter. Sie kritisiert, dass diesen oft die wissenschaftliche Validierung und tierartspezifische Referenzwerte fehlen, was die Ergebnisse unzuverlässig macht. Für eine fundierte Diagnose empfiehlt sie, den Tierarzt zu konsultieren, der auf validierte Tests, wie den in den USA entwickelten Dysbiose-Index, zurückgreifen kann.
Den Begriff „Darmsanierung“ lehnt Dr. Fritz ab, da er suggeriert, etwas sei grundlegend kaputt. Sie bevorzugt den Begriff der „Unterstützung des Mikrobioms“. Dies geschieht ihrer Ansicht nach am besten durch zwei Maßnahmen:
- Probiotika: Die gezielte Gabe von nützlichen, lebenden Bakterienstämmen.
- Präbiotika: Die Fütterung von spezifischen Fasern (z.B. Inulin, Pektine), die als Nahrung für die guten Darmbakterien dienen.
Dieser Prozess benötige Zeit. Bei chronischen Beschwerden empfiehlt Dr. Fritz, eine neue, stabile Fütterung für mindestens vier Wochen, besser aber drei Monate, konsequent beizubehalten, bevor weitere Änderungen vorgenommen werden.
Spezialfälle: Verstopfung bei Katzen und Analdrüsenprobleme
Bei Katzen mit Verstopfung rät Dr. Fritz, zunächst die Rahmenbedingungen zu prüfen. Insbesondere bei älteren Katzen können Schmerzen durch Arthrose dazu führen, dass sie den Toilettengang meiden. Ein leicht zugängliches Katzenklo ohne hohen Einstieg kann hier bereits helfen. Fütterungsseitig können bei Verstopfung fermentierbare Fasern wie Apfelpektin oder quellende Fasern wie Flohsamenschalen helfen, den Kot weicher zu machen.
Bei einem Megakolon (einer krankhaften Erweiterung des Dickdarms mit Funktionsverlust) ist eine faserreiche Fütterung hingegen kontraproduktiv. Hier, so Dr. Fritz, sei eine hochverdauliche Diät (z.B. eine Gastro-Intestinal-Diät) sinnvoller, um die Kotmenge so gering wie möglich zu halten.
Wiederkehrende Analdrüsenabszesse, wie bei einer französischen Bulldogge beschrieben, können laut Dr. Fritz ein Symptom einer Futtermittelallergie sein. Um dies zu klären, sei eine strikte Ausschlussdiät über einen langen Zeitraum (im beschriebenen Fall länger als sechs Monate) notwendig.
Praktische Schritte zur Unterstützung der Darmgesundheit
- Konsistenz wahren: Halte dich bei empfindlichen Tieren an eine bewährte Fütterung und vermeide häufige Wechsel von Futter, Leckerlis und Kauartikeln.
- Kohlenhydrate immer kochen: Stelle sicher, dass Reis, Kartoffeln, Nudeln oder Haferflocken vollständig gar sind, um Verdauungsprobleme zu vermeiden.
- Fasern gezielt einsetzen: Bei zu weichem Kot können quellende Fasern wie Zellulose oder Flohsamenschalen helfen. Zur Unterstützung des Mikrobioms eignen sich präbiotische Fasern wie Pektin (z.B. aus Karotten) oder Inulin.
- Geduld haben: Gib dem Verdauungssystem nach einer Futterumstellung oder bei der Behandlung von chronischen Problemen mindestens 4 Wochen, idealerweise 3 Monate Zeit, um sich zu stabilisieren.
- Tierärztlichen Rat einholen: Bei anhaltenden oder schweren Symptomen (z.B. Blut im Stuhl, starker Durchfall, Dehydration) oder für eine fundierte Diagnostik solltest du immer einen Tierarzt aufsuchen, anstatt auf unvalidierte Online-Tests oder unkontrollierte Selbstbehandlung zu setzen.
- Umgebung optimieren: Besonders bei älteren oder kranken Katzen kann die Gestaltung des Katzenklos (niedriger Einstieg, ruhiger Ort) einen großen Einfluss auf die Regelmäßigkeit des Kotabsatzes haben.