Zusammengefasst von Anja Schirwinski
Seit meine Hündin Frida mit fünf Monaten aus einem rumänischen Shelter zu mir kam, beschäftige ich mich intensiv mit Hundethemen - von Alltagstraining bis Verhaltensbesonderheiten. Viele der Fragen, die in Podcasts besprochen werden, kenne ich aus unserer gemeinsamen Erfahrung nur zu gut. Deshalb fasse ich hier die für mich interessantesten Podcastfolgen zusammen und ergänze sie mit meinen eigenen Erlebnissen mit Frida.
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In dieser Episode des Podcasts napfcheck erklärt Dr. Julia Fritz, Fachtierärztin für Tierernährung, die komplexen Zusammenhänge von Harnsteinen bei Hunden und Katzen. Gemeinsam mit Moderatorin Manu Bauer beleuchtet sie die Ursachen, Symptome, Diagnoseverfahren und vor allem die entscheidende Rolle der Ernährung bei der Behandlung und Vorbeugung dieser schmerzhaften Erkrankung.
Die Episode richtet sich an Tierbesitzer, die mit der Diagnose Harnsteine konfrontiert sind oder deren Tiere Symptome wie häufigen Harndrang oder Unsauberkeit zeigen. Das zentrale Thema ist, wie eine individuell angepasste Fütterungs- und Managementstrategie helfen kann, Harnsteine aufzulösen und deren Neubildung effektiv zu verhindern.
Das Wichtigste auf einen Blick
- Multifaktorielle Ursachen: Die Bildung von Harnsteinen ist ein komplexer Prozess, der von Genetik, Anatomie, Infektionen, Bewegungsmangel und vor allem von der Fütterung beeinflusst wird. Ein einzelner Faktor ist selten allein verantwortlich.
- Genaue Diagnose ist entscheidend: Es gibt verschiedene Arten von Harnsteinen (z. B. Struvit, Calciumoxalat, Urat), deren Behandlungsstrategien sich grundlegend unterscheiden. Eine exakte Analyse des Urins oder der Steine ist daher unerlässlich.
- Struvitsteine sind diätetisch auflösbar: Struvit, die häufigste Steinart, kann durch eine spezielle Diät, die den Urin ansäuert und arm an Magnesium und Phosphor ist, oft ohne Operation aufgelöst werden.
- Flüssigkeitsaufnahme ist das A und O: Die wichtigste Maßnahme zur Vorbeugung und Behandlung aller Harnsteinarten ist die Erhöhung der Wasseraufnahme. Dies verdünnt den Urin und hilft, Kristalle auszuspülen, bevor sie sich zu Steinen formen können.
- Der pH-Wert ist wichtig, aber nicht alles: Der pH-Wert des Urins spielt eine zentrale Rolle, seine Steuerung ist jedoch anspruchsvoll. Messungen sollten idealerweise am Morgen vor der Fütterung erfolgen, da jede Futteraufnahme den Wert temporär ansteigen lässt.
- Spezialfall Uratsteine: Diese Steine können durch genetische Defekte (z. B. beim Dalmatiner) oder durch Medikamente wie Allopurinol (zur Behandlung von Leishmaniose) entstehen. Eine streng purinarme Diät ist hier entscheidend.
- Individuelle Anpassung statt Pauschallösung: Sowohl fertige Diätfutter als auch selbst zubereitete Rationen können wirksam sein. Entscheidend ist, dass die Diät exakt auf die Steinart und die individuellen Bedürfnisse des Tieres abgestimmt ist.
Was sind Harnsteine und wie erkennst Du sie?
Dr. Julia Fritz erklärt, dass Harnsteine aus zusammengelagerten Kristallen bestehen, die sich im Urin bilden. Während vereinzelte Kristalle noch normal sein können, führen größere Ansammlungen zu Steinen, die die Harnwege reizen oder sogar blockieren können. Typische Symptome sind häufiger Harndrang, wobei oft nur kleine Mengen Urin abgesetzt werden, Blut im Urin, Schmerzen beim Wasserlassen und plötzliche Unsauberkeit, insbesondere bei Katzen. Ein kompletter Verschluss der Harnröhre ist ein lebensbedrohlicher Notfall, der sofort tierärztlich behandelt werden muss. Anatomische Gegebenheiten, wie eine enge Harnröhre bei kleinen oder männlichen Hunden, können das Risiko erhöhen.
Die verschiedenen Arten von Harnsteinen und ihre Ursachen
Die Entstehung von Harnsteinen ist ein multifaktorieller Prozess. Dr. Fritz vergleicht es mit einem Rezept, bei dem mehrere Zutaten zusammenkommen müssen:
- Übersättigter Urin: Der Urin enthält eine zu hohe Konzentration an steinbildenden Substanzen (z. B. Magnesium, Phosphor, Calcium, Oxalat). Dies wird stark durch die Fütterung beeinflusst.
- Der pH-Wert: Jeder Steintyp hat einen spezifischen pH-Bereich, in dem er sich bevorzugt bildet. Struvitsteine entstehen in einem basischen (alkalischen) Milieu, während sich andere in einem sauren Milieu bilden.
- Infektionen: Besonders bei Hunden sind Struvitsteine häufig mit bakteriellen Blasenentzündungen verknüpft, da die Bakterien den pH-Wert des Urins in den basischen Bereich verschieben.
- Genetische Veranlagung: Bestimmte Rassen neigen zu spezifischen Steinarten. Dr. Fritz nennt Dackel und Neufundländer als Beispiele für eine Veranlagung zu Zystinsteinen und Dalmatiner für Uratsteine.
- Weitere Faktoren: Wenig Bewegung, seltenes Urinieren und Übergewicht können die Steinbildung ebenfalls begünstigen.
Die häufigsten Steinarten sind Struvit (Magnesium-Ammonium-Phosphat) und Calciumoxalat. Seltener kommen Urat-, Zystin- oder Silikatsteine vor.
Diagnose: Der Schlüssel zur richtigen Behandlung
Eine präzise Diagnose ist unerlässlich, da sich die diätetischen Maßnahmen für verschiedene Steinarten teilweise widersprechen. Dr. Fritz betont, wie wichtig eine frische und korrekt gewonnene Urinprobe ist. Bereits kurze Zeit nach der Entnahme können sich durch Temperaturänderungen oder Sauerstoffkontakt neue Kristalle bilden und das Ergebnis verfälschen. Sie erzählt von einem Kater namens Lewis, bei dem fälschlicherweise Struvitkristalle diagnostiziert wurden, weil die Urinprobe im Sommer im heißen Auto transportiert wurde. Eine direkt in der Praxis durch Punktion gewonnene Probe (Zystozentese) zeigte, dass der Kater steinfrei war.
Neben der Urinuntersuchung unter dem Mikroskop, bei der die typische Form der Kristalle (z. B. „sargdeckelförmig“ bei Struvit) erkennbar ist, können auch bildgebende Verfahren wie Ultraschall und Röntgen eingesetzt werden, um die Steine sichtbar zu machen.
Die drei Säulen der Behandlung und Prophylaxe
Dr. Fritz beschreibt einen dreistufigen Ansatz zur Behandlung und Vorbeugung von Harnsteinen, der auf einfachen physikalisch-chemischen Prinzipien beruht:
- Flüssigkeitsmanagement: Die wichtigste und effektivste Maßnahme. Dr. Fritz nutzt die Analogie eines Wasserglases mit Salz am Boden: Füllt man mehr Wasser nach, löst sich das Salz auf. Genauso verdünnt eine hohe Flüssigkeitsaufnahme den Urin, senkt die Konzentration der steinbildenden Substanzen und fördert das Ausspülen von Kristallen.
- Angepasste Fütterung: Die Diät muss so gestaltet sein, dass sie die Bausteine des jeweiligen Steintyps nur in bedarfsdeckender Menge liefert. Bei Struvit bedeutet dies eine Reduktion von Phosphor und Magnesium, bei Uratsteinen eine purinarme Ernährung.
- Steuerung des pH-Wertes: Der pH-Wert des Urins wird gezielt in einen Bereich verschoben, in dem sich die Steine auflösen oder nicht mehr bilden können. Bei Struvit wird der Urin angesäuert (pH-Wert unter 6,5), bei anderen Steinarten muss er eventuell alkalisiert (basisch gemacht) werden.
Spezifische Diät-Strategien: Von Struvit bis Urat
Die Fütterung muss individuell auf die Steinart abgestimmt werden. Dr. Fritz erläutert dies anhand von Beispielen:
- Struvitsteine: Hier wird eine Diät empfohlen, die arm an Phosphor und Magnesium ist. Gleichzeitig muss der Urin angesäuert werden, oft durch die Zugabe der Aminosäure Methionin. Dr. Fritz warnt jedoch davor, blindlings anzusäuern, ohne die Gesamtration zu betrachten. Im Fall eines Hundes verhinderte eine kartoffelreiche Diät das Absenken des pH-Wertes, da Kartoffeln durch ihren hohen Kaliumgehalt stark alkalisierend wirken. Erst der Wechsel der Kohlenhydratquelle brachte den Erfolg.
- Uratsteine (Harnsäuresteine): Diese entstehen aus dem Abbau von Purinen. Eine purinarme Ernährung ist hier essenziell. Besonders relevant ist dies für Hunde mit Leishmaniose, die das Medikament Allopurinol erhalten, da dieses den Purin-Stoffwechsel beeinflusst. Purinreiche Futtermittel wie Hefe, Innereien, Muschelpräparate und bestimmte Fischsorten (z. B. Sardellen) sollten strikt gemieden werden. Als besonders purinarme Proteinquelle empfiehlt Dr. Fritz Eier.
Dr. Fritz betont, dass sowohl kommerzielle Diätfutter als auch sorgfältig berechnete, selbst zubereitete Rationen zum Ziel führen können. Eine professionelle Rationsüberprüfung durch einen Fachtierarzt für Tierernährung wird empfohlen, um Fehler zu vermeiden.
Praktische Schritte für den Alltag
- Fördere die Wasseraufnahme: Biete Hunden Nassfutter an oder weiche Trockenfutter ein. Für Katzen empfiehlt Dr. Fritz, mehrere Trinknäpfe an verschiedenen Orten und aus unterschiedlichen Materialien (Glas, Keramik, Metall) aufzustellen – entscheidend ist, den Trinknapf nicht direkt neben den Futternapf zu stellen.
- Gewinne eine frische Urinprobe: Fange bei Hunden den Mittelstrahlurin mit einer Kelle auf. Für Katzen gibt es beim Tierarzt spezielles, nicht saugfähiges Streu. Bringe die Probe so schnell wie möglich gekühlt zur Praxis.
- Kontrolliere den pH-Wert korrekt: Wenn Du den pH-Wert zu Hause misst (z. B. mit Teststreifen), tue dies am besten morgens vor der ersten Fütterung. Jede Mahlzeit, auch Leckerlis, führt zu einem vorübergehenden Anstieg des pH-Werts („postprandiale Alkaliflut“).
- Achte auf die Gesamtration: Beachte, dass auch Leckerlis und Gemüsezugaben (wie Karotten oder Brokkoli) den pH-Wert beeinflussen und alkalisierend wirken können.
- Lass Dich professionell beraten: Die Erstellung einer passenden Diät ist komplex. Ziehe einen spezialisierten Tierarzt hinzu, um eine sichere und effektive Fütterungsstrategie zu entwickeln und regelmäßige Kontrollen durchzuführen.
In dieser Episode erwähnt
- Vet-Met: Ein von Dr. Fritz erwähntes Pulver mit der Aminosäure Methionin zur Ansäuerung des Harns.
- Wasserbedarfsrechner: Dr. Fritz verweist auf den Rechner auf www.futter-rechner.de, um den individuellen Wasserbedarf eines Tieres zu ermitteln.