Zusammengefasst von Anja Schirwinski
Seit meine Hündin Frida mit fünf Monaten aus einem rumänischen Shelter zu mir kam, beschäftige ich mich intensiv mit Hundethemen - von Alltagstraining bis Verhaltensbesonderheiten. Viele der Fragen, die in Podcasts besprochen werden, kenne ich aus unserer gemeinsamen Erfahrung nur zu gut. Deshalb fasse ich hier die für mich interessantesten Podcastfolgen zusammen und ergänze sie mit meinen eigenen Erlebnissen mit Frida.
Mehr über das Projekt Petcaster
In dieser Episode des „Der Welpentrainer Podcast“ sprechen die Moderatoren André Vogt und Eva Birkenholz mit der Hundetrainerin Ines Lüke über ein zentrales, aber oft unterschätztes Konzept der Hundeerziehung: Verbindlichkeit. Anstatt nur an der Oberfläche von Befehlen wie „Sitz“ und „Platz“ zu kratzen, tauchen sie tief in die Frage ein, warum eine klare und verlässliche Haltung des Menschen die Grundlage für eine stabile Hund-Mensch-Beziehung und einen entspannten Alltag ist. Die Episode richtet sich an alle Hundebesitzer, die verstehen möchten, wie kleine Inkonsistenzen im Alltag zu großen Problemen führen können und wie sie durch eine verbindliche Haltung zu einem fairen und vertrauenswürdigen Partner für ihren Hund werden.
Das Wichtigste auf einen Blick
- Verbindlichkeit ist mehr als Strenge: Im Gegensatz zum oft negativ assoziierten Begriff „Konsequenz“ beschreibt Verbindlichkeit laut Ines eine innere Haltung. Es bedeutet, zu dem zu stehen, was man sagt, und für den Hund ein verlässlicher Sozialpartner zu sein.
- Wiederholte Kommandos schwächen deine Autorität: Wenn du deinen Hund fünfmal rufen musst, bis er kommt, lernt er, dass die ersten vier Rufe optional sind. Dieses Muster überträgt sich auf andere, potenziell sicherheitsrelevante Situationen.
- Fairness vor Forderung: Du kannst von deinem Hund nichts einfordern, was du ihm nicht vorher klar, fair und in verschiedenen Kontexten beigebracht hast. Training ist die Grundlage für Verbindlichkeit.
- Klarheit in der Kommunikation ist entscheidend: Unklare Ansagen (z. B. den Namen des Hundes rufen, ohne eine klare Anweisung folgen zu lassen) verunsichern den Hund und führen dazu, dass er deine Worte weniger ernst nimmt.
- Verbindlichkeit beginnt im Kleinen: Ob der Hund aus dem Kofferraum springen darf oder an der offenen Haustür wartet - diese alltäglichen Situationen sind entscheidend, um eine grundlegende Struktur der Verlässlichkeit zu etablieren.
- Definiere deine Prioritäten: Konzentriere dich auf die 2 - 3 Regeln oder Signale, die dir im Alltag am wichtigsten sind (z. B. ein sicherer Rückruf, Leinenführigkeit), und setze diese planvoll und verlässlich um.
- Es ist nie zu spät: Auch wenn sich Unverbindlichkeit eingeschlichen hat, kannst du dein Verhalten jederzeit ändern. Hunde reagieren oft erstaunlich schnell auf einen klaren und verlässlichen Menschen.
Was bedeutet Verbindlichkeit in der Hundeerziehung?
Zu Beginn der Episode wird diskutiert, dass der Begriff „Konsequenz“ oft mit Härte und permanentem Druck assoziiert wird. Ines führt stattdessen den Begriff der Verbindlichkeit ein, den sie als eine „innere Haltung“ beschreibt. Es gehe darum, dass der Mensch zu seinem Wort steht und bereit ist, seine Ansagen fair und klar durchzusetzen. Eng damit verknüpft ist der Aspekt der Verlässlichkeit: Ein Hund kann sich nur dann an seinem Menschen orientieren und ihm in schwierigen Situationen vertrauen, wenn dieser ein berechenbarer und stabiler Sozialpartner ist. Verbindlichkeit ist somit keine Frage von Strenge, sondern von Klarheit, Fairness und einer stabilen Beziehungsbasis.
Das Problem der Unverbindlichkeit: Ein typisches Alltagsbeispiel
Ines schildert ein klassisches Szenario, das viele Hundebesitzer kennen: Der Hund schnüffelt intensiv, der Mensch ruft „Luna, komm!“. Nichts passiert. Der Mensch wiederholt den Ruf mehrfach, wird lauter, lockt und schnipst. Schließlich, nach dem fünften oder sechsten Versuch, trottet der Hund gemütlich herbei. Der Mensch ist erleichtert, dass der Hund „ja gekommen ist“ und belohnt ihn womöglich sogar. Lücke erklärt, dass der Hund in dieser Situation eine entscheidende Lektion lernt: „Ich muss erst beim sechsten Mal reagieren, und auch dann nicht sofort.“
André betont, dass diese scheinbar harmlose Alltagssituation weitreichende Folgen hat. Während die mangelnde Verbindlichkeit beim einfachen Zurückrufen vielleicht nicht stark stört, wird sie zum Problem, wenn es ernst wird - etwa bei einer Begegnung mit einem Fahrradfahrer oder an einer Straße. Der Hund kann nicht unterscheiden, wann ein Kommando optional ist und wann es lebenswichtig ist. Die mangelnde Verlässlichkeit in kleinen Dingen untergräbt die Autorität des Menschen für die großen Momente.
Die Basis für Verbindlichkeit: Faires Training und klare Kommunikation
Ein zentraler Punkt der Diskussion ist, dass Verbindlichkeit immer auf einem fairen Fundament stehen muss. André und Ines sind sich einig: „Du kannst nichts einfordern, was du dem Hund nicht genau erklärt hast.“ Bevor ein Kommando verlässlich eingefordert werden kann, muss es in kleinen Schritten, an verschiedenen Orten und unter steigender Ablenkung aufgebaut werden. Viele Besitzer machen laut den Experten den Fehler, ein Signal nach wenigen erfolgreichen Versuchen in der Hundeschule als „gelernt“ abzuhaken und erwarten dann eine perfekte Ausführung in jeder denkbaren Situation.
Eva verdeutlicht mit einem anschaulichen Beispiel, wie sich unklare Kommunikation für den Hund anfühlen muss: Sie rief die Besitzerin eines Hundes, der ständig ignoriert wurde, mit ihrem Namen („Ingelore!“). Als diese sich umdrehte, reagierte Eva einfach nicht weiter. Die Verwirrung der Frau spiegelte genau das wider, was ihr Hund täglich erlebte. Die Schlussfolgerung: Jede Ansprache sollte einen klaren Zweck haben und zu einer nachvollziehbaren Handlung oder Rückmeldung führen, sonst verliert sie an Bedeutung.
Vom Signal zur Alltagsregel: Verbindlichkeit im Zusammenleben
Verbindlichkeit beschränkt sich nicht auf formale Kommandos. Die Experten betonen, dass sie sich durch das gesamte Zusammenleben zieht. Beispiele hierfür sind:
- Das Warten im Auto: Ein Hund, der beim Öffnen der Kofferraumklappe unaufgefordert herausspringt, stellt ein Sicherheitsrisiko dar. Eine klare Regel („Du wartest, bis ich dich freigebe“) schafft Sicherheit und Struktur.
- Grenzen im Haus: Auch das Respektieren von Grenzen, etwa wenn der Mensch gerade keine Zeit für Aufmerksamkeit hat, ist ein Aspekt von Verbindlichkeit. Lernt der Hund, dass er durch hartnäckiges Stupsen doch zum Ziel kommt, lernt er, die Grenzen seines Menschen zu missachten.
- Sozialkontakte: Die Regel „Du läufst nicht einfach zu jedem Hund hin“ darf nicht willkürlich aufgeweicht werden, nur weil der Dackel des Nachbarn entgegenkommt. Solche Ausnahmen machen Regeln für den Hund unverständlich und unzuverlässig.
Diese alltäglichen Rituale sind oft wichtiger als perfekt ausgeführte Tricks, da sie die grundlegende Beziehungsstruktur und die gegenseitige Verlässlichkeit prägen.
Die Rolle des Menschen: Mindset, Erfahrung und planvolles Vorgehen
Die Experten stellen fest, dass erfahrene Hundetrainer in manchen Situationen „schluffiger“ (nachlässiger) sein können. Dies liegt daran, dass sie sich über Jahre eine stabile und verlässliche Beziehung zu ihren Hunden erarbeitet haben. Die Hunde wissen grundsätzlich, dass ihre Menschen verbindlich sind, auch wenn mal eine Ausnahme gemacht wird. Für neue oder unsichere Hundebesitzer ist dieser Luxus nicht gegeben. Sie müssen diese Basis erst schaffen, indem sie bewusst und planvoll handeln.
Ines rät dazu, nicht auf Problemsituationen zu warten, sondern sie gezielt zu trainieren (sogenannte „Stellvertreterkonflikte“). Anstatt den Rückruf erst im Ernstfall zu testen, kann man ihn gezielt üben, indem man einen Reiz auslegt und den Hund davon abruft. Dieser planvolle Ansatz gibt dem Menschen Sicherheit und macht das Training für den Hund verständlich und fair.
Praktische Schritte zu mehr Verbindlichkeit
- Definiere deine Ziele: Entscheide, welche 2 - 3 Regeln und Kommandos für deinen Alltag unverzichtbar sind. Konzentriere deine Energie darauf, diese konsequent und klar umzusetzen.
- Trainiere fair und verständlich: Baue jedes Signal kleinschrittig und positiv auf. Generalisiere das Gelernte, indem du an verschiedenen Orten und mit steigender Ablenkung übst, bevor du es im Ernstfall einforderst.
- Kommuniziere klar: Gib ein Kommando nur einmal. Reagiert dein Hund nicht, wiederhole nicht das Wort, sondern hilf ihm körperlich oder nutze ein klares Störgeräusch, um seine Aufmerksamkeit zu bekommen und die Situation aufzulösen. Beende die Übung anschließend mit einem Erfolgserlebnis.
- Sei im Kleinen konsequent: Achte auf Verbindlichkeit in alltäglichen Routinen (z. B. Warten vor der Tür, im Auto, beim Füttern). Diese kleinen, konsequenten Handlungen schaffen eine verlässliche Beziehungsbasis.
- Plane dein Training: Schaffe gezielt Übungssituationen, anstatt auf Problemverhalten im Ernstfall zu warten. Nutze kontrollierte Umgebungen, um Reize zu simulieren und gewünschtes Verhalten zu festigen.
- Reflektiere dein eigenes Verhalten: Beobachte dich selbst einen Tag lang: Wann bist du unklar, wann wiederholst du dich, wann gibst du nach? Das Bewusstsein für das eigene Handeln ist der erste und wichtigste Schritt zur Veränderung.
Diese Zusammenfassung wurde mit Hilfe von KI aus dem Transkript der Podcast-Episode generiert.