Zusammengefasst von Anja Schirwinski
Seit meine HĂŒndin Frida mit fĂŒnf Monaten aus einem rumĂ€nischen Shelter zu mir kam, beschĂ€ftige ich mich intensiv mit Hundethemen - von Alltagstraining bis Verhaltensbesonderheiten. Viele der Fragen, die in Podcasts besprochen werden, kenne ich aus unserer gemeinsamen Erfahrung nur zu gut. Deshalb fasse ich hier die fĂŒr mich interessantesten Podcastfolgen zusammen und ergĂ€nze sie mit meinen eigenen Erlebnissen mit Frida.
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In dieser Episode des Podcasts napfcheck fĂŒhrt die FachtierĂ€rztin fĂŒr TierernĂ€hrung, Dr. Julia Fritz, im GesprĂ€ch mit Manuela Bauer durch die oft verwirrende Welt der Deklarationen auf Tierfutterverpackungen. Die Episode beleuchtet die gesetzlichen Grundlagen, entlarvt gĂ€ngige Mythen und erklĂ€rt die wichtigsten Begriffe, die auf den Etiketten zu finden sind.
Ziel ist es, dir als Tierhalter:in das nötige Wissen an die Hand zu geben, um Futteretiketten kritisch zu lesen, Marketing-Tricks zu erkennen und eine fundierte Entscheidung fĂŒr die ErnĂ€hrung deines Hundes oder deiner Katze zu treffen. Im Fokus steht die Frage: Was verrĂ€t uns das Etikett wirklich ĂŒber die QualitĂ€t und Zusammensetzung eines Futters?
Das Wichtigste auf einen Blick
- Alleinfutter vs. ErgĂ€nzungsfutter: Ein âAlleinfuttermittelâ muss gesetzlich den gesamten NĂ€hrstoffbedarf eines Tieres decken. Ein âErgĂ€nzungsfuttermittelâ (z. B. reine Fleischdosen, Flocken) ist nicht bedarfsdeckend und muss mit anderen Komponenten kombiniert werden.
- Zusatzstoffe sind notwendig: Dr. Fritz erklĂ€rt, dass ein bedarfsdeckendes Alleinfutter ohne zugesetzte Vitamine und Mineralstoffe praktisch nicht herstellbar ist. Der geringere Energiebedarf moderner Haustiere fĂŒhrt dazu, dass die Futtermenge allein nicht ausreicht, um alle NĂ€hrstofflĂŒcken zu schlieĂen.
- Die Reihenfolge der Zutaten ist entscheidend: Die Inhaltsstoffe werden nach ihrem Gewichtsanteil in absteigender Reihenfolge aufgelistet, und zwar in dem Zustand, in dem sie hinzugefĂŒgt werden (âursprĂŒngliche Substanzâ). Dies kann bei Trockenfutter irrefĂŒhrend sein, wenn âfrisches Fleischâ mit hohem Wasseranteil an erster Stelle steht.
- âGeschlossene Deklarationâ nutzt Kategorien: Begriffe wie âFleisch und tierische Nebenerzeugnisseâ oder âGetreideâ sind gesetzlich definierte Sammelbegriffe. Sie geben dem Hersteller FlexibilitĂ€t bei den Rohstoffen, sind aber fĂŒr Allergiker ungeeignet, da die genauen Zutaten nicht ersichtlich sind.
- Tierische Nebenerzeugnisse sind nicht per se schlecht: Diese Kategorie umfasst alles vom Schlachttier, was nicht Skelettmuskelfleisch ist. Dazu gehören hochwertige Organe wie Leber und Lunge, aber auch weniger nahrhafte Teile. Die QualitÀt hÀngt stark von der Auswahl des Herstellers ab.
- Sicherheit durch Kategorisierung: Nur sogenanntes Kategorie-3-Material darf zu Tierfutter verarbeitet werden. Dieses stammt von gesunden, fĂŒr den menschlichen Verzehr geschlachteten Tieren, wird aber z. B. aus kommerziellen oder Ă€sthetischen GrĂŒnden nicht fĂŒr Menschen genutzt. Euthanasierte Tiere (Kategorie 1) sind streng verboten.
Rechtliche Grundlagen und verbreitete Mythen
Zu Beginn stellt Dr. Julia Fritz klar, dass die Deklaration von Futtermitteln strengen gesetzlichen Regelungen unterliegt. Entgegen der Annahme vieler Tierhalter:innen können Hersteller nicht willkĂŒrlich Angaben machen. Die Vorschriften sollen die Gesundheit von Tier und Mensch sowie die Umwelt schĂŒtzen. Dennoch existiert keine vorgeschaltete PrĂŒfinstanz, die jedes Futter vor MarkteinfĂŒhrung auf seine Bedarfsdeckung kontrolliert. Die FuttermittelĂŒberwachungsbehörden der BundeslĂ€nder prĂŒfen zwar die formalen Pflichtangaben, aber nicht zwingend die inhaltliche Richtigkeit, etwa ob ein als âAlleinfutterâ deklariertes Produkt tatsĂ€chlich bedarfsdeckend ist.
Dr. Fritz rĂ€umt entschieden mit Mythen auf, die im Internet oder kursieren. Behauptungen, in Tierfutter wĂŒrden euthanasierte Haustiere, Gummireifen oder andere ungeeignete Materialien verarbeitet, seien falsch. Die Verwertung tierischer Nebenprodukte ist durch ein Kategoriensystem klar geregelt, das solche Praktiken ausschlieĂt.
Alleinfutter vs. ErgÀnzungsfutter: Ein entscheidender Unterschied
Einer der wichtigsten Punkte auf dem Etikett ist die Angabe der Futterart. Dr. Fritz erlÀutert die zwei zentralen Begriffe:
- Alleinfuttermittel: Dieses Produkt ist so konzipiert, dass es bei alleiniger FĂŒtterung den gesamten tĂ€glichen Energie- und NĂ€hrstoffbedarf eines Tieres deckt. Ein Tier dĂŒrfte bei lebenslanger FĂŒtterung keine Mangelerscheinungen entwickeln.
- ErgĂ€nzungsfuttermittel: Dieses Produkt ist nicht bedarfsdeckend und muss mit anderen Futtermitteln kombiniert werden, um eine vollwertige Ration zu ergeben. Beispiele sind reine Fleischdosen, GemĂŒsemischungen, Leckerlis oder Mineralpulver.
Ein zentraler Punkt ist laut Dr. Fritz, dass Alleinfuttermittel fast immer zugesetzte NĂ€hrstoffe (Zusatzstoffe) enthalten mĂŒssen. Der Grund liegt im modernen Lebensstil vieler Haustiere: Ihr Energiebedarf ist oft geringer als frĂŒher, weshalb sie kleinere Futtermengen erhalten. Diese reduzierten Mengen können den Bedarf an Vitaminen und Spurenelementen, der von der Körpermasse abhĂ€ngt, nicht mehr allein durch die natĂŒrlichen Gehalte der Rohstoffe decken. Ein als âAlleinfutterâ deklariertes Produkt ohne jegliche ZusĂ€tze ist daher ein Warnsignal und höchstwahrscheinlich nicht bedarfsdeckend.
Die Zusammensetzung: Wie Zutatenlisten zu lesen sind
Die Liste der Inhaltsstoffe muss in absteigender Reihenfolge des Gewichtsanteils der Zutaten zum Zeitpunkt der Herstellung aufgefĂŒhrt werden. Dies fĂŒhrt oft zu Verwirrung, insbesondere bei Trockenfutter. Dr. Fritz erklĂ€rt am Beispiel einer Hörerfrage, dass die Angabe von âfrischem Huhnâ (mit ca. 70 - 80 % Wasseranteil) dazu fĂŒhren kann, dass diese Zutat an erster Stelle steht, obwohl ihr Anteil in der Trockenmasse des fertigen Produkts deutlich geringer ist. Dies ist ein gĂ€ngiger Marketing-Kniff, um einen hohen Fleischanteil zu suggerieren.
Des Weiteren wird zwischen zwei Deklarationsarten unterschieden:
- Geschlossene Deklaration (Gruppendeklaration): Hier werden Zutaten in gesetzlich definierten Kategorien zusammengefasst, z. B. âFleisch und tierische Nebenerzeugnisseâ, âGetreideâ oder âpflanzliche Nebenerzeugnisseâ. Dies gibt Herstellern die FlexibilitĂ€t, Rohstoffe je nach VerfĂŒgbarkeit und Preis auszutauschen (z. B. Weizen statt Mais), ohne das Etikett Ă€ndern zu mĂŒssen. FĂŒr Tiere mit Allergien ist diese Art der Deklaration ungeeignet.
- Offene Deklaration: Hier werden alle Einzelzutaten genau benannt (z. B. âHĂŒhnerfleischâ, âRinderlungeâ, âReisâ, âKartoffelnâ). Sie bietet maximale Transparenz fĂŒr den Verbraucher.
Hersteller sind verpflichtet, auf Anfrage (z. B. ĂŒber eine kostenfreie Hotline) Auskunft ĂŒber die genauen Inhaltsstoffe zu geben, mĂŒssen ihre exakte Rezeptur jedoch nicht preisgeben.
Was steckt hinter âFleisch und tierischen Nebenerzeugnissenâ?
Die Kategorie âFleisch und tierische Nebenerzeugnisseâ sorgt oft fĂŒr Verunsicherung. Dr. Fritz klĂ€rt die Begriffe:
- Fleisch: Laut Definition handelt es sich hierbei ausschlieĂlich um Skelettmuskulatur. Organe wie das Herz zĂ€hlen ernĂ€hrungsphysiologisch zwar als hochwertiger Muskel, dĂŒrfen aber rechtlich nicht als âFleischâ deklariert werden.
- Tierische Nebenerzeugnisse: Dies umfasst alle Teile von geschlachteten Landtieren, die nicht reines Muskelfleisch sind. Darunter fallen nÀhrstoffreiche Innereien wie Leber, Lunge, Pansen und Nieren, aber auch weniger verdauliche, bindegewebsreiche Teile wie Euter, Sehnen oder Knorpel.
Die Verwendung von Nebenerzeugnissen ist laut Dr. Fritz aus ethischer und nachhaltiger Sicht sinnvoll, da so das gesamte Tier verwertet wird. Die QualitĂ€t eines Futters hĂ€ngt davon ab, welche Nebenerzeugnisse der Hersteller auswĂ€hlt. Hochwertige Innereien sind wertvolle NĂ€hrstofflieferanten, wĂ€hrend ein hoher Anteil an schwer verdaulichen Komponenten zu Verdauungsproblemen fĂŒhren kann.
Die Kategorien tierischer Nebenprodukte: Was im Napf landen darf
Um die Sicherheit von Tierfutter zu gewÀhrleisten, sind tierische Nebenprodukte in drei Kategorien eingeteilt:
- Kategorie 1: Material mit höchstem Risiko (z. B. Tiere mit ĂŒbertragbaren Krankheiten wie BSE, euthanasierte Haustiere mit MedikamentenrĂŒckstĂ€nden). Dieses Material muss ausnahmslos verbrannt werden.
- Kategorie 2: Material mit mittlerem Risiko (z. B. Tiere, die nicht im Schlachthof gestorben sind, GĂŒlle, Magen-Darm-Inhalt). Es darf nicht verfĂŒttert werden, kann aber z. B. in Biogasanlagen verwertet werden.
- Kategorie 3: Material mit geringem Risiko. Dies ist die einzige Kategorie, die fĂŒr die Herstellung von Heimtierfutter zugelassen ist. Es stammt von Tieren, die nach tierĂ€rztlicher Untersuchung als schlachttauglich eingestuft wurden, deren Teile aber aus kommerziellen (z. B. Ăberproduktion) oder Ă€sthetischen GrĂŒnden (z. B. Stichfleisch, BrĂŒheinwirkung in der Lunge) nicht fĂŒr den menschlichen Verzehr bestimmt sind.
Praktische Schritte zur ĂberprĂŒfung deines Futters
- PrĂŒfe die Futterart: Handelt es sich um ein âAlleinfuttermittelâ oder ein âErgĂ€nzungsfuttermittelâ? Letzteres musst du zwingend mit weiteren Komponenten (z. B. einem Mineralpulver) ergĂ€nzen.
- Sei skeptisch bei âzusatzstofffreienâ Alleinfuttermitteln: Ein Alleinfutter ohne zugesetzte Vitamine und Mineralstoffe ist mit hoher Wahrscheinlichkeit mangelhaft.
- Analysiere die Zutatenliste kritisch: Achte bei Trockenfutter darauf, ob frische Zutaten mit hohem Wassergehalt (z. B. âfrisches Huhnâ) an erster Stelle stehen, um den Fleischanteil höher erscheinen zu lassen.
- WĂ€hle bei Allergien eine offene Deklaration: Wenn dein Tier auf bestimmte Zutaten empfindlich reagiert, benötigst du ein Futter, bei dem alle Inhaltsstoffe einzeln aufgefĂŒhrt sind.
- Nutze die Kontaktmöglichkeit zum Hersteller: Wenn eine geschlossene Deklaration verwendet wird oder du unsicher bist, frage direkt beim Hersteller nach den genauen Zutaten. Er ist zur Auskunft verpflichtet.
In dieser Episode erwÀhnt
- FEDIAF (Verband der europĂ€ischen Tierfutterindustrie): Dr. Fritz erwĂ€hnt die FEDIAF als Organisation, die neben gesetzlichen Vorgaben auch freiwillige Richtlinien fĂŒr eine gute Deklarationspraxis sowie NĂ€hrstoffempfehlungen fĂŒr Heimtierfutter herausgibt.