Zwischen Affen, iPads und gesellschaftlicher Verantwortung

Zusammengefasst von Anja Schirwinski
Seit meine Hündin Frida mit fünf Monaten aus einem rumänischen Shelter zu mir kam, beschäftige ich mich intensiv mit Hundethemen - von Alltagstraining bis Verhaltensbesonderheiten. Viele der Fragen, die in Podcasts besprochen werden, kenne ich aus unserer gemeinsamen Erfahrung nur zu gut. Deshalb fasse ich hier die für mich interessantesten Podcastfolgen zusammen und ergänze sie mit meinen eigenen Erlebnissen mit Frida. 
Mehr über das Projekt Petcaster

In dieser Episode des Podcasts Tierisch Menschlich treffen der Hundeexperte Martin Rütter und die Wissenschaftsjournalistin Katharina Adick nach einer Pause wieder aufeinander und spannen einen weiten Bogen von tierischem Verhalten bis zu tiefgreifenden gesellschaftlichen Fragen. Die zentralen Themen umfassen die ethische Debatte um den Schutzhundesport, die besonderen Bedürfnisse eines blinden Tierheimhundes und kritische Beobachtungen zu sozialen Normen wie Alkoholkonsum und moderner Elternschaft.

Die Episode wirft eine zentrale Frage auf: Wie gehen wir verantwortungsvoll mit Lebewesen um, die von uns abhängig sind oder unseren Weg kreuzen - seien es Tiere, Mitmenschen oder die eigenen Kinder? Sie ist relevant für alle, die sich für die Schnittstellen von Tierverhalten, Tierschutz und menschlicher Psychologie interessieren und regt zum Nachdenken über Toleranz, Empathie und die Konsequenzen unseres Handelns an.

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Kritik am Schutzhundesport: Martin Rütter argumentiert, das Kernproblem des Schutzhundesports sei nicht das Training selbst, sondern die gezielte Züchtung extrem triebgesteuerter und stressanfälliger Hunde, was er als Tierschutzproblem einstuft.
  • Chance für blinde Hunde: Ein erblindender Hund ist eine große Herausforderung, aber seine Abhängigkeit bietet die Chance, durch gezieltes Training eine außergewöhnlich tiefe und vertrauensvolle Mensch-Hund-Beziehung aufzubauen.
  • Alkohol als soziale Norm: Die Sprecher:innen diskutieren die gesellschaftliche Akzeptanz von Alkohol als Droge und kritisieren den sozialen Druck, der oft auf Menschen ausgeübt wird, die nicht mittrinken wollen.
  • Plädoyer für mehr Toleranz: Anhand der Transgender-Debatte kritisiert Martin Rütter kleingeistige und intolerante Haltungen, die anderen Menschen das Recht auf ihre Identität absprechen wollen, als übergriffig und anmaßend.
  • Umgang mit Wildtieren: Wildschweine sind laut den Sprecher:innen weniger aggressiv als ihr Ruf. Konflikte entstehen meist, wenn Menschen die Tiere überraschen, da diese aufgrund ihres schlechten Sehvermögens unerwartet reagieren.
  • Sorge um Kindesentwicklung: Eine Beobachtung von Eltern, die ihre Kleinkinder im Restaurant routinemäßig mit iPads ruhigstellen, löst eine Debatte über die potenziell schädlichen Auswirkungen von übermäßiger Bildschirmzeit und mangelnder elterlicher Interaktion aus.
  • Positive Stadtentwicklung: Das "Tegelwippen", eine aus den Niederlanden stammende Initiative zur Entsiegelung von Flächen und Schaffung von mehr Grün in Städten, wird als nachahmenswerter Trend für ein besseres Stadtklima vorgestellt.

Gesellschaftliche Normen und Toleranz: Von trinkenden Affen bis zur Transgender-Debatte

Die Episode beginnt mit einer wissenschaftlichen Beobachtung, die Katharina Adick teilt: Schimpansen teilen gezielt alkoholhaltige Früchte, was darauf hindeutet, dass Alkohol auch in ihrer Welt als „sozialer Schmierstoff“ fungieren könnte. Dies leitet über zu einer kritischen Reflexion menschlicher sozialer Normen. Martin Rütter beschreibt, wie er sich oft rechtfertigen muss, wenn er keinen Alkohol trinkt, und kritisiert den gesellschaftlichen Druck, der selbst in Geschäftsessen ausgeübt wird. Er zitiert den Sänger Howard Carpendale, der sinngemäß sagte, er würde nachts lieber auf eine Gruppe bekiffter als auf eine Gruppe betrunkener Männer treffen, da Alkohol im Gegensatz zu Cannabis häufig Aggressionen fördere.

Dieses Thema der sozialen Konventionen und des Umgangs miteinander wird auf die aktuelle Transgender-Debatte ausgeweitet. Katharina Adick zitiert eine Influencerin, die argumentiert, dass die Angst vor Übergriffen in Frauenschutzräumen nicht ein Problem von Transfrauen sei, sondern ein Problem von Männern, die solche Räume missbrauchen könnten. Martin Rütter knüpft daran an und verurteilt die Intoleranz gegenüber Menschen, die ihre Geschlechtsidentität anders definieren, als fundamental übergriffig und kleingeistig. Er betont, dass niemand das Recht habe, über die Realität eines anderen Menschen zu urteilen, insbesondere wenn dieser sich dadurch keinen unfairen Vorteil verschaffe.

Die Kontroverse um den Schutzhundesport: Züchtung, Training und Tierschutz

Martin Rütter bezeichnet die Argumentationsmuster vieler Befürworter des Schutzhundesports als „Verblödung“ und berichtet von einem Gespräch am Flughafen, das die Kernproblematik verdeutlichte. Sein Hauptkritikpunkt ist nicht primär das Training, bei dem ein Hund lernt, in einen Schutzärmel zu beißen, sondern die zugrundeliegende Zuchtphilosophie. Er erklärt, dass für diesen „Sport“ gezielt Hunde gezüchtet und selektiert werden, die extrem triebhaft, hektisch und frustrationsanfällig sind. Dies stehe im Widerspruch zum ursprünglichen Zweck vieler Rassen wie dem Schäferhund, der für konzentrierte und ruhige Arbeit an der Herde gezüchtet wurde.

Diese Überzüchtung auf Trieb führe, so Rütter, zu verhaltensauffälligen Hunden, die ohne ständige Stimulation wie das Tragen von Beißspielzeugen kaum noch entspannen können. Er sieht darin ein massives Tierschutzproblem, da Hunde zu „Junkies“ gemacht würden. Die Behauptung, dieser Sport diene der Auslastung, hält er für unkreativ und ein Zeichen von mangelndem Hundeverstand. Er begrüßt das Verbot des Sports in Österreich und hofft, dass dieses auch auf den Einsatz bei der Polizei ausgeweitet wird.

Tierheimtier der Woche: Pancho und die Herausforderung der Blindheit

Vorgestellt wird der Hund Pancho aus dem Franziskus Tierheim Hamburg. Pancho ist ein kleiner, charakterstarker Hund („Dickkopf“), der im Zweifel auch seine Zähne einsetzt und nicht mit anderen Tieren zusammenleben möchte. Seine größte Herausforderung ist die Diagnose Progressive Retina-Atrophie (PRA), eine Erbkrankheit, die zu seiner vollständigen Erblindung führen wird.

Martin Rütter analysiert, dass Panchos Erblindung paradoxerweise eine große Chance für eine intensive Mensch-Hund-Beziehung darstellt. Da der Hund zunehmend auf die Führung seines Menschen angewiesen sein wird, kann über gezieltes Training ein tiefes Vertrauen aufgebaut werden. Er empfiehlt Übungen, bei denen der Hund lernt, auf akustische Signale zu hören, um Hindernissen auszuweichen. Entgegen der Tierheimbeschreibung meint Rütter, dass ein Zuhause nicht zwingend ebenerdig sein muss, da das Tragen eines kleinen Hundes ebenfalls eine vertrauensbildende Maßnahme sein kann. Die größte Hürde für eine Vermittlung sieht er eher darin, dass Pancho als Einzelhund gehalten werden muss.

Rasseporträt Schweizer Laufhund und die Sprache der Jäger

In der Rubrik „Rasseporträt“ wird der Schweizer Laufhund (FCI-Standard Nr. 59) vorgestellt. Martin Rütter erkennt die Rasse anhand der Beschreibung, insbesondere der extrem langen Schlappohren, die bis zur Nasenspitze reichen müssen. Er berichtet von einer zufälligen Begegnung mit einem Vertreter dieser Rasse und merkt an, dass diese langen Ohren keinen biologischen Nutzen haben, sondern ein rein ästhetisches Zuchtmerkmal sind. Vom Verhalten her beschreibt er Lauf- und Schweißhunde als im Alltag eher ruhig, aber bei der Arbeit sehr passioniert und selten aggressiv gegenüber Menschen.

Die Erwähnung von Schweißhunden nutzt Rütter für eine Kritik an der Jägersprache. Er bezeichnet Euphemismen wie „Schweiß“ für Blut oder „ein Stück“ für ein Tier als Verharmlosung der brutalen Realität der Jagd.

Beobachtungen aus dem Alltag: Wildschweine, Parkplatz-Fallen und moderne Elternschaft

Katharina Adick teilt ihre Erfahrung bei der Beobachtung einer Wildschweinbache mit Frischlingen und stellt fest, dass die Tiere nicht von sich aus aggressiv sind. Martin Rütter bestätigt, dass Angriffe fast ausschließlich dann passieren, wenn die Tiere sich oder ihre Jungen verteidigen müssen, weil ein Mensch sie - oft aufgrund ihrer schlechten Sehkraft - unbemerkt in die Enge getrieben hat.

Ein weiteres Thema ist eine kuriose Erfahrung von Rütters Sohn, dessen Auto von einem Park-and-Ride-Parkplatz abgeschleppt wurde. Während seiner fünftägigen Abwesenheit wurden mobile Halteverbotsschilder für eine Baustelle aufgestellt, mit einer Vorwarnzeit von nur drei Tagen. Die offizielle Regelung besagt, dass man sein Fahrzeug auf solchen Parkplätzen alle drei Tage kontrollieren müsse - eine für die Sprecher:innen praxisferne und kaum bekannte Vorschrift.

Besonders eindrücklich schildert Martin Rütter eine Szene in einem Restaurant, wo zwei junge Mütter ihre Kleinkinder (ca. 1,5 und 2,5 Jahre alt) sofort nach der Ankunft mit iPads ruhigstellten, um ungestört Wein zu trinken und zu rauchen. Jegliche Interaktion fand nur statt, wenn ein iPad herunterfiel. Rütter beschreibt seine Reaktion als eine Mischung aus Trauer und Wut und sieht darin eine Form der emotionalen Vernachlässigung, die die Entwicklung der Kinder massiv einschränken könnte. Die Situation wirft die Frage auf, wo die Grenze zwischen persönlicher Überforderung und Kindeswohlgefährdung liegt und ob Außenstehende eingreifen sollten.

Praktische Ratschläge für den Umgang mit blinden Hunden

Basierend auf Martin Rütters Analyse des Falles von Pancho lassen sich folgende konkrete Empfehlungen für Halter von (er)blindenden Hunden ableiten:

  1. Vertrauen durch Führung aufbauen: Nutze die zunehmende Abhängigkeit des Hundes aktiv, um dich als verlässlicher Partner zu etablieren. Der Hund muss lernen, dass es sich für ihn lohnt, auf deine Signale zu achten.
  2. Training mit akustischen Signalen: Etabliere klare akustische Signale (z. B. ein bestimmtes Wort oder Geräusch), um den Hund vor Hindernissen zu warnen. Übe dies, indem du ihn auf weiche Objekte (z. B. Pezzibälle) zulaufen lassen, kurz vorher das Signal geben und ihn für das Anhalten belohnen.
  3. Körperkontakt und Sicherheit vermitteln: Bei kleineren Hunden kann das regelmäßige und sichere Tragen über Hindernisse oder Treppen eine starke vertrauensbildende Maßnahme sein. Der Hund lernt, sich in deiner Obhut sicher zu fühlen.
  4. Konsequenz und klare Regeln beibehalten: Eine Behinderung darf nicht dazu führen, dass alle Regeln aufgehoben werden. Ein blinder Hund braucht genauso klare Strukturen und Grenzen wie jeder andere Hund, um sich sicher zu fühlen.
  5. Hundebegegnungen managen: Sei dir bewusst, dass ein blinder Hund andere Hunde nicht visuell einschätzen kann. Schütze ihn vor zu stürmischen Kontakten, da er aus Unsicherheit defensiv oder ängstlich reagieren könnte.

🔗 Zugehörige Folge(n)

Diese Zusammenfassung wurde mit Hilfe von KI aus dem Transkript der Podcast-Episode generiert.

Hinweis: Alle Inhalte auf Petcaster beruhen auf öffentlich zugänglichen Podcasts aus der Hunde- und Haustierwelt. Wir fassen die Episoden nach bestem Wissen zusammen, übernehmen jedoch keine Gewähr für Vollständigkeit, Aktualität oder Richtigkeit der Inhalte. Die Rechte an den Original-Podcasts und -Inhalten liegen ausschließlich bei den jeweiligen Urheber:innen.